Erster Blick ins Buch

 

Erster Blick ins Buch

Ich bin total überrascht, wie schnell die 100 Likes auf den Seiten zusammen gekommen sind. Ich hätte nicht gedacht, dass ich die Leseprobe schon heute posten kann. Echt toll, wie viele von euch mitgemacht haben! Natürlich gibt es bald weitere Auszüge und ich werde euch auch demnächst das Cover vorstellen. Seid also gespannt. Aber nun erst mal viel Spaß beim Lesen:

 

Prolog

 

Mit schnellen Schritten eilte er den steilen Hang hinauf. Immer wieder brachen kleine Steine unter seinen Füßen weg und brachten ihn ins Rutschen, was das Vorankommen enorm erschwerte. Die Anstrengung der letzten Tage machte sich bereits bemerkbar, denn mittlerweile schmerzte nahezu jeder seiner Muskeln.. Seit Tagen war er nun schon unterwegs und hatte sich in dieser Zeit kaum Schlaf gegönnt. Doch die Strapazen würden sich lohnen.

Er hielt den Blick fest auf das Plateau des Hanges gerichtet. Er hoffte inständig, dass er dort oben einen weiteren Splitter finden würde. Kurz dachte er an den alten Mann zurück, den er aufgesucht hatte, weil es hieß, er habe vor langer Zeit eines der Stücke in seinen Besitz gebracht. Es war nicht leicht gewesen, ihn ausfindig zu machen. Der Kerl lebte in einer Hütte abseits von Steintal, war eigenbrötlerisch, aber vor allem vorsichtig und argwöhnisch. Auch wenn der Mann mit dem wirren schlohweißen Haar und den wasserblauen Augen auf den ersten Blick heruntergekommen, ja fast armselig gewirkt hatte, waren Tares gleich nachdem er sich Zutritt zur Hütte verschafft hatte, mehrere wertvolle Gegenstände ins Auge gefallen. Allerdings hatte Tares’ Interesse etwas weitaus Wichtigerem gegolten.

»Verschwinde von hier!«, brüllte der Alte den Fremden an, und seine Augen verengten sich zu Schlitzen während er den Eindringling weiterhin misstrauisch musterte Er ahnte, dass dieser nichts Gutes im Schilde führte, ebenso wenig wie all die anderen, die es im Laufe der Jahre zu ihm geführt hatte. Der Mann wusste, wonach sie suchten, doch würde er ihnen allen auch weiterhin einen Strich durch die Rechnung machen. Er schluckte schwer, während seine Hand langsam zu dem Messer griff, das er zwischen einem Stapel Bücher verborgen hielt. Für solche Fälle hatte er überall Waffen in seiner Hütte versteckt.

»Du musst Adwen sein«, stellte der junge Mann fest. Er hatte purpurfarbene Augen und seine dunklen Haare wiesen einen leicht bläulichen Schimmer auf. »Ich rate dir, diesen Unsinn besser zu lassen und mir keine Probleme zu bereiten.« Der Alte ahnte, dass er den Fremden besser nicht unterschätzen sollte.

»Ich kann mir schon denken, was du von mir willst«, brachte Adwen schließlich nach kurzem Zögern hervor und versuchte sich von der schwelenden Nervosität nichts anmerken zu lassen. Bisher hatte er es noch immer geschafft, ein jeden Eindringling in die Flucht zu schlagen … oder ihm das Leben zu nehmen.

Sollte der junge Kerl ihn nur unterschätzen und sich in Sicherheit wiegen, er würde auf einen passenden Moment warten, um ihm die Kehle durchzuschneiden. Bei diesem Gedanken wollte sich ein Lächeln auf seine Lippen stehlen, das er jedoch geflissentlich unterdrückte.

Der Eindringling tat ein paar Schritte, schaute sich in aller Ruhe um, fühlte sich offenbar schon ganz wie zu Hause und zeigte nicht die Spur von Angst. Wie selbstverständlich trat er zu der kleinen schäbigen Kommode in der Ecke, auf der ein alter bronzener Kerzenleuchter stand. Er nahm ihn in die Hand, begutachtete ihn und wandte sich anschließend grinsend an Adwen »Du besitzt ein paar sehr schöne Gegenstände. Vieles davon würde sich leicht zu Geld machen lassen«

»Aber deswegen bist du nicht hier«, stellte er ungerührt fest. „Du bist wegen etwas anderem gekommen.“ Er bemühte sich, möglichst viel Sicherheit in seine Stimme zu legen, und fuhr fort: »Bist du etwa auch auf eine dieser Geschichten hereingefallen? Nur zu, schau dich ruhig um. Du wirst das eine oder andere finden, das von Wert ist, aber das, weswegen du eigentlich gekommen bist …« Er schüttelte nachdrücklich den Kopf und hoffte, dass der Kerl ihm seine Worte abkaufen würde. »Da muss ich dich leider enttäuschen. Ich weiß nicht, wer sich diesen Unsinn ausgedacht hat, aber ich besitze keines der Fragmente.«

Der junge Mann musterte ihn kurz, dann erschien ein kaltes Lächeln auf seinen Lippen. „Das ist zu schade“, sagte er. »Dabei war ich mir so sicher.« Er senkte kurz den Blick, tat ein paar Schritte von Adwen weg, was diesen erleichtert aufatmen ließ. Mit einer Bewegung, die man jemandem seines Alters sicher nicht zugetraut hätte, schnappte er sich das kleine silberne Messer aus dem Bücherstapel und wollte sich gerade auf den Fremden stürzen, als sich dieser nach ihm umwandte. »Ich dachte wirklich, du wärst ein vernünftiger Mann und würdest es mir nicht unnötig schwer machen.«

Adwens Herz machte einige hektische Sprünge und pumpte in einer heißen Welle Adrenalin durch seinen Körper, während er sich mit einem lauten Schrei auf den Eindringling stürzte. Der sah den Angriff zwar kommen, wich jedoch nicht aus, was Adwen nur recht war. Der Alte holte aus und stieß das Messer nach dem jungen Kerl, als plötzlich ein kalter Glanz in dessen Augen auftauchte, der Adwen kurz frösteln ließ.

Aber es war zu spät, um die Attacke abzubrechen. Das Messer glitt durch die Luft, und der alte Mann sah, wie sich der Fremde erst mit einer geschmeidigen Bewegung zur Seite drehte, dann die Hand seines Gegenübers packte und ihn so festhielt.

Als der Kerl seinen Griff verstärkte, fuhr Adwen ein solch heftiger Schmerz durch seinen Arm, dass er für einen Moment glaubte, der Fremde würde ihm die Hand brechen. Dicht an seinem Ohr hörte er dessen Stimme: »Los, sag schon, wo hast du es versteckt? Wenn du nicht willst, dass ich dir noch mehr wehtue, solltest du lieber mit der Sprache rausrücken..«

»Ich weiß nicht, wovon du redest«, keuchte er. Als der junge Mann daraufhin noch fester zudrückte, heulte der Alte vor Schmerzen auf und das Messer fiel klirrend zu Boden.. Er konnte seine Knochen knirschen hören, und der Schweiß trat ihm aus allen Poren, und dennoch rang er mit sich. »Nimm dir alles«, bot er verzweifelt an. »Es wird dir ein kleines Vermögen einbringen, aber mehr kann ich dir nicht geben.«

»Du solltest mich besser nicht weiter anlügen.« Der Fremde verstärkte seinen Griff erneut, und dieses Mal brach Adwens Elle mit einem knirschenden Geräusch, begleitet von einem entsetzlichen Aufschrei des Alten.

»Du elender Mistkerl«, zischte der.

Endlich ließ der Eindringling von ihm ab, woraufhin Adwen hektisch nach Luft schnappte.

»Sag mir endlich, wo du es versteckt hast!«

Und nun ging alles ganz schnell: Er dachte gar nicht daran, schnappte sich stattdessen das Messer, das zuvor zu Boden gefallen war, und stürmte damit auf seinen Angreifer zu. Der wich der Attacke jedoch aus, packte Adwens Hand, die die Waffe führte, und entwand ihm die Klinge.

Kurz darauf hatte er sie an seiner Kehle.. Ein dünnes Blutrinnsal rann ihm am Hals entlang und in den Kragen hinein.

»Allmählich wird es mir mit dir zu dumm. Ich gebe dir noch eine Chance«, sagte der Fremde. »Wo hast du es versteckt?« Adwen hörte den eisigen, drohenden Tonfall, der in der Stimme mitschwang und ihn frösteln ließ. Er wusste, dass er verloren hatte. Der Kerl würde ihn sicherlich töten – ihm blieb nur eine einzige Chance, eine vage Hoffnung, dass er ihn vielleicht doch verschonen würde.

»Auf dem Grünhang«, ächzte er, während ihm die Klinge weiter ins Fleisch schnitt. »Dort steht ein großer Baum mit schwarzem Stamm und goldfarbenen Blättern. Man kann ihn nicht übersehen. Darunter habe ich es vergraben« Der Alte verstummte, lauschte seinem donnernden Herzschlag und rechnete damit, jede Sekunde seinen letzten Atemzug getan zu haben.

Doch stattdessen nickte der junge Mann nur zufrieden, senkte die Schneide und stieß Adwen von sich.

»Warum nicht gleich so? Du hättest uns beiden einiges ersparen können.« Er warf dem Alten das Messer vor die Füße, wandte sich um und verließ das Haus.

Seitdem er dem Alten einen Besuch abgestattet hatte, waren Stunden vergangen, und je näher Tares dem Plateau kam, desto stärker wurde seine freudige Erwartung. Wie von selbst griff seine Hand kurz zu dem kleinen Lederbeutel, den er an seinem Gürtel trug. Drei Teile hatte er schon gefunden, wobei sie nicht sonderlich groß waren. Dies ließ Tares erahnen, in wie viele Stücke das Amulett einst zersprungen war. Doch eines Tages würde es ihm gelingen, sie alle in seinen Besitz zu bringen, und dann würde sich sein sehnlichster Wunsch endlich erfüllen. Dafür war er bereit alles zu tun, alles zu opfern – sein ganzes Denken und Tun waren nur darauf gerichtet, endlich das zu bekommen, wonach er sich so sehr sehnte …

Mit einem letzten Schritt erreichte er das Plateau und sah sofort den Baum, von dem der alte Mann gesprochen hatte. Mit eiligen Schritten ging er auf den knorrigen Stamm zu. Sein Herz donnerte in seiner Brust, während er seinen Blick über den Boden schweifen ließ. Gleich wäre er seinem Ziel ein Stück näher und …

Tares stutzte kurz. Direkt vor dem Stamm befand sich eine Kuhle, aus der ein altes, verwittertes Stück Holz herausragte. Er ahnte nichts Gutes und runzelte die Stirn. Hektisch grub er das Holz frei und fand seine Befürchtung bestätigt: Es handelte sich um eine kleine Kiste, in der Adwen höchstwahrscheinlich ein Stück des Glutamuletts versteckt hatte. Doch nun war sie leer. Da die Kuhle schon ziemlich zugewachsen war, musste jemand den kostbaren Splitter schon vor langer Zeit geraubt haben. Der letzte Besuch des Alten lag vermutlich bereits einige Jahre zurück, demnach musste mittlerweile jemand anderes darauf gestoßen sein und es mitgenommen haben. Wahrscheinlich ein Asheiy …

Tares ballte wütend die Fäuste und atmete tief durch. Die Enttäuschung und die Wut brannten wie Säure in ihm. Er brauchte einige Minuten, bis er sich so weit im Griff hatte, dass er aufstehen konnte. All die Anstrengungen waren wieder einmal umsonst gewesen. Er ließ seinen Blick über den Horizont und die dunklen Baumwipfel schweifen. Dies war ein erneuter Fehlschlag, der ihn aber letztendlich auch nicht würde aufhalten können. Zum Glück hatte er noch ein paar andere Hinweise, denen er nachgehen konnte. Sie waren zwar nicht ganz so vielversprechend wie dieser, aber er würde auch ihnen folgen und so irgendwann fündig werden. Erneut ballte sich seine Faust um den kleinen Lederbeutel mit den kostbaren Bruchstücken des Amuletts. Eines Tages würde es ihm gehören!

2 Kommentare zu „Erster Blick ins Buch“

Schreibe einen Kommentar zu Liza Michelle Hubl Kommentieren abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*