Ich starre Lucius fragend an, der sich in der Bank zurücklehnt und geistesabwesend auf sein Handy starrt. Ich habe ihn noch nie mit einem Smartphone in der Hand erlebt, von daher überrascht mich sein Verhalten. Versucht er, auf diese Weise meinen Fragen zu entgehen?
Wieder greift er zu seiner Kaffeetasse, nimmt einen Schluck, sieht mich aber nicht ein einziges Mal an. Es ist, als würde er mich völlig ignorieren.
»Was ist los mit dir?«, frage ich. »Wenn du so offensichtlich keine Lust auf Gesellschaft hast, warum hast du mich dann mitgenommen?«
Mir war klar, dass das kein romantisches Dinner werden würde, aber ich hatte tatsächlich gehofft, dass wir uns zumindest unterhalten würden. Stattdessen tippt er lieber auf dem dämlichen Handy herum.
»Teilst du plötzlich Lexies Interesse für elektronische Geräte oder was ist los?«
»Iss einfach ein bisschen was und versuche, dich zu entspannen. Zu viel Aufregung tut dir nicht gut.«
Ich runzele irritiert die Stirn. Er ist eindeutig seltsam drauf.
»Du hast doch irgendwas vor«, stelle ich fest und beuge mich ein Stück vor.
Endlich hebt er den Kopf und sieht mich für einen kurzen Moment an. Sofort spüre ich, wie die Wut in mir zu schwelen beginnt. Wirklich?! Er will nichts weiter dazu sagen?!
»Aus irgendeinem Grund weigere ich mich, zu glauben, dass du nur genervt von mir bist und dich darum so eigenartig verhältst.«
Lucius scheint von meinen Worten weiterhin wenig beeindruckt zu sein. Er wirkt eher so, als wäre er kurz davor, einzuschlafen. Vielleicht wollte er wirklich nur kurz von den anderen weg, um sich eine Pause zu gönnen.
Er trinkt den letzten Schluck Kaffee und steht auf. »Ich bin gleich wieder da. Warte hier«, sagt er noch, bevor er in den hinteren Teil des Ladens geht.
Ich greife mir eines der Zuckerpäckchen, die in einem Metallspender liegen, und spiele nachdenklich daran herum. Ich werde aus dem Kerl einfach nicht schlau und gleichzeitig ärgere ich mich, dass ich mir so viele Gedanken über ihn mache. Gelangweilt esse ich noch ein paar Pommes, trinke meine Cola und warte, dass Lucius sich endlich wieder blicken lässt. Wie lange kann man bitte auf der Toilette sein?!
Der ältere Mann, der vorhin ins Diner gekommen ist, geht nun ebenfalls in den hinteren Bereich des Lokals. Vielleicht sollte ich nach Lucius sehen? Es kann doch nicht sein, dass er so lange braucht.
Plötzlich zuckt ein Gedanke durch meinen Kopf: Hat er genug und lässt mich nun einfach hier sitzen? Immerhin ist er schon eine gefühlte Ewigkeit weg. Hinzu kommt sein seltsames Verhalten.
Sofort stehe ich auf, folge dem Gang, öffne die Tür der Männertoilette und rufe: »Hey, Lucius, bist du da drin?«
Keine Antwort. Also sehe ich genauer nach und gehe ein paar Schritte in den Raum hinein. Ich hoffe, dass ich keinen Mann am Urinal erwische – den Anblick würde ich mir gerne ersparen. Zu meiner Erleichterung ist kein Mensch zu sehen und die beiden WC-Türen stehen so weit offen, dass ich erkennen kann, dass die Kabinen leer sind.
»So ein verfluchter Mist«, zische ich, mache kehrt und renne los. Am Ende des Gangs, in dem die Toiletten liegen, gibt es eine weitere Tür. Sie führt tatsächlich nach draußen. Ich bin ehrlich fassungslos. Warum bei den Göttern hat Lucius das gemacht? Weshalb ist er einfach abgehauen?!