Zweite Leseprobe

24. September 2014

Zweite Leseprobe

Nun dauert es nur noch eine Woche, bis ihr den fünften Band endlich in den Händen halten könnt. Ich freu mich auch schon sehr darauf und kann es kaum erwarten. Ich bin wirklich gespannt auf eure Rückmeldungen, Meinungen und Reaktionen. 😉

Momentan arbeite ich fleißig am Auftakt der neuen Fantasy-Reihe. Es macht großen Spaß die Charaktere zum Leben zu erwecken und diese neue Welt entstehen zu lassen, es ist aber auch eine Umstellung. Immerhin habe ich so viel Zeit mit Necare verbracht.

Um euch noch ein letztes Mal auf den fünften Band einzustimmen, gibt es wie versprochen eine weitere Leseprobe. Ich wünsche euch viel Spaß und hoffe, dass euch Necare – Vollendung fesseln wird. 😉

 
 

Ich wusste nicht, wie viel Zeit mittlerweile vergangen war. Meiner Schätzung nach waren es mindestens zwei Tage. Die Dunkelheit war kaum mehr zu ertragen. Ununter­brochen starrte ich auf das Gitter in meiner Tür, durch das diffuses Licht aus dem Korridor drang, und hielt mich an diesem Bild fest, damit die Finsternis mich nicht ver­schluckte. Wie lange würde ich das noch ertragen können?

Immer wieder versuchte ich, meine Gedanken auf andere Dinge zu lenken. Nur so war diese Situation irgendwie durchzustehen. Ich dachte an meine Freunde, an mein Leben in der Schule … und an Devil. Oft stellte ich mir vor, ich könnte bei ihm sein und wäre nicht an diesem Ort gefangen; dürfte mein Leben an seiner Seite verbringen, weit weg von diesem Kerker. Diese Momente waren zwar schön, doch die anschließende Rückkehr in die Realität dafür umso härter. Allmählich verstand ich immer besser, warum man hier mit der Zeit unweigerlich den Verstand verlor.

„Hey, Mädchen“, hörte ich Avis rufen. „Wie geht es dir? Alles okay? Willst du ein bisschen reden? Das macht es vielleicht etwas leichter.“

Er unterhielt sich zwischendurch immer wieder mit mir, wofür ich ihm wirklich dankbar war. Es half mir dabei, nicht völlig verrückt zu werden.

„Ja, reden klingt gut. Aber worüber denn?“, rief ich ihm zu.

„Erzähl doch einfach ein wenig über dich.“

Ich schwieg, die Worte blieben mir im Hals stecken. Bilder aus meinem alten Leben drangen an die Ober­fläche, und mir war allzu klar, dass dieses Leben end­gültig vorbei war und ich nicht mehr dahin zurück­kehren konnte.

„Entschuldige“, sagte er, „das war dumm von mir. Du bist sicherlich noch nicht so weit, mir davon zu erzählen. Zu viele Erinnerungen, stimmt’s?“ Er seufzte. „Ich kenne das, obwohl sie bei mir allmählich verblassen. Anfangs habe ich oft an früher gedacht und davon geträumt. Mittlerweile kann ich kaum mehr auseinanderhalten, was Wirklichkeit und was Fantasie ist.“

Ich hoffte, dass es mir nicht irgendwann ebenso er­gehen würde. Die Aussicht, auch noch meine Ver­gangenheit zu verlieren, machte mir Angst.

„Am Anfang war es schwer. Ich glaubte, all das keinen Tag länger überstehen zu können, doch es geht. Die Zeit verrinnt, eine Sekunde nach der anderen, und es wird langsam besser. Vielleicht weil man auch stetig ein Stück­chen mehr von sich verliert. Trotzdem will ich unbedingt am Leben bleiben. Vielleicht gibt es ja doch noch Hoffnung, auch wenn ich nicht mehr richtig daran glaube. Doch was bleibt mir anderes?“

Ich schluckte schwer bei seinen Worten, denn diese Zukunft, die er mir in Aussicht stellte, war alles andere als rosig. Würde ich tatsächlich so leben können?

In diesem Moment wurde eine Eisentür geöffnet und schwere Schritte hallten den Flur entlang. Augenblicklich verstummten alle anderen Geräusche.

Ich kauerte mich ängstlich an die steinerne Wand in meinem Rücken. Mein Herz hämmerte. Waren sie gekommen, um einen von uns zu holen? Waren sie gar meinetwegen hier? Würden sie mich nun töten?

Ich lauschte den Geräuschen und krallte die Hände ineinander, als die Schritte schließlich vor meiner Zelle verstummten. Mit einem lauten Quietschen wurde die Tür geöffnet und grelles Licht drang gleich darauf in meine Zelle. Voller Entsetzen kniff ich die Augen zusammen. Mir war übel vor Angst, und mein Magen rebellierte. War nun wirklich alles vorbei?

Ich erblickte zwei Wärter. Einer der beiden kam auf mich zu, zerrte mich auf die Füße und erklärte: „Wir sollen dich zum Verhör zu den Radrym bringen.“

Erleichterung durchströmte mich, wenn auch nur für einen kurzen Moment. Dann kehrte die Angst zurück. Was würde mich dort erwarten? Kurz bevor man mich hierhergebracht hatte, war ich bereits befragt worden. Sie hatten mich über Devil verhört, doch ich war ihnen jegliche Antwort schuldig geblieben. Ich hatte ohnehin vollkommen neben mir gestanden und kaum mitbe­kommen, was um mich herum geschah. Erst als ich mich in dieser Zelle wiederfand, stürzte allmählich all der Schrecken in mein Bewusstsein.

Der Mann stieß mich rüde aus der Zelle, wo der zweite Wärter bereits wartete, mir schwere eiserne Handschellen anlegte und mich anschließend am rechten Arm packte.

Der erste Gefängniswärter rief ein Portal und hielt mich nun ebenfalls fest. Zusammen schritten wir hindurch. Ich blickte noch einmal kurz zurück und sah, wie mich einige Gefangene durch die Gitter ihrer Zellentüren hindurch beobachteten.

Nach all der Dunkelheit konnte ich die bunten, ja grellen Farben des Portals kaum ertragen. Mir wurde schwindelig, übel und noch immer hatte ich Angst …

Nur Sekunden später fühlte ich wieder festen Boden unter meinen Füßen und erblickte vor mir das große steinerne Schiefergebäude des Radrym-Hauptsitzes.

Die beiden Männer verstärkten den Griff um meinen Arm und zerrten mich Richtung Nebeneingang. Über uns schien die Sonne; ich konnte endlich wieder den Himmel sehen und den Wind auf meiner Haut spüren. Nie hätte ich gedacht, dass ich einen solchen Moment jemals so sehr genießen würde.

Mit einem Seitenblick betrachtete ich die beiden Wärter; ihre ernsten Mienen und ungepflegten Gesichter. Der Mann zu meiner Rechten hatte einen schwarzen Vollbart, dunkles wirres Haar und schmale braune Augen. Er war dünn, doch seinem festen Griff nach zu urteilen war er alles andere als schwächlich. Der Kerl zu meiner Linken war auffällig groß und überschritt mit Sicherheit die zwei Meter. Sein Gesicht war durchfurcht von pocken­artigen Narben, in denen sich teilweise der Schmutz angesammelt hatte. Seine Augen waren von einem dunklen Braun, glitzerten eisig und wurden von dichten Brauen umrahmt. Der breiten Nase sah man auf den ersten Blick an, dass sie schon mehrfach gebrochen gewesen sein musste und nicht richtig verheilt war.

Rüde schubsten mich die beiden durch die vor uns liegende Tür und einen langen, kargen Flur entlang. Hier sah ich nichts weiter als ein paar schmucklose Lampen von der Decke hängen. Anschließend ging es eine Treppe hinauf, bis wir erneut einen Korridor erreichten. Diesem folgten wir einige Meter und kamen schließlich vor einer weiteren Tür zum Stehen. Der pockennarbige Mann öffnete sie und führte mich in einen kleinen Raum. Ein großes Fenster an der gegenüberliegenden Seite ermöglichte mir den Blick nach draußen, weshalb ich mich nicht gar so eingesperrt fühlte. Direkt vor mir standen ein Tisch und zwei schwarze Klappstühle. Davon abgesehen war das Zimmer vollkommen leer.

„Setz dich. Es wird gleich jemand kommen“, erklärte der Wärter mit dem Vollbart. „Wir warten hier draußen, also versuch keine Dummheiten.“ Damit wandte er sich ab, trat mit dem anderen Kerl vor die Tür und schloss sie hinter sich.

Ich verharrte einige Sekunden lang reglos, war unschlüssig, was ich tun sollte. Was würde nun auf mich zukommen? Langsam trat ich ans Fenster. Es tat so gut, etwas von dem Leben außerhalb des Gefängnisses zu sehen. Ich erblickte mehrere Bäume, die sich im Wind bewegten. Gleich dahinter lag eine Straße, auf der einige Leute mit schnellen Schritten entlangeilten. Sie gingen ihrem alltäglichen Leben nach, erledigten ihre Arbeit, um anschließend zu ihren Liebsten nach Hause zurück­zukehren. Sie hatten vermutlich ganz normale Sorgen und mussten nicht damit rechnen, dass jeden Moment jemand zu ihnen kam, um sie zu töten …

Ich erschrak förmlich, als ich meine Spiegelung im Fenster wahrnahm. Es war wirklich kein schöner Anblick. Mir starrte ein völlig fremdes Gesicht mit großen Augen entgegen. Ich war schmaler geworden und zudem ziemlich schmutzig. Meine Haare waren fettig, zerzaust und ungekämmt. So würde ich sicher keinen guten Eindruck hinterlassen. Wobei das wahrscheinlich ohnehin keine Rolle spielte … Die Radrym hatten gesehen, wie ich den Occasus, ihren größten Feind, geküsst und in seinen Armen gelegen hatte. Es war verständlich, dass mich das in ihren Augen zu einer der schrecklichsten Verräterinnen machte. Ich wollte die Bilder vertreiben, doch es fiel mir schwer, mich nicht nach diesem Moment zurückzu­sehnen. Devil fehlte mir so sehr, gerade jetzt. Ich wollte bei ihm sein.

Als die Tür hinter mir mit einem lauten Poltern geöffnet wurde und ein Mann ins Zimmer trat, fuhr ich erschrocken zusammen. Mein Herz klopfte. Vor mir stand mein Vater und sah mich aus kalten Augen an.

7 Kommentare zu „Zweite Leseprobe“

  1. Jaaa endlich! Danke Juliane. Die Leseprobe hat mir super gefallen. Gut, dass der Download bei Amazon automatisch geht. Somit verpasse ich nix um manchmal bekommt man das Buch etwas früher. 😉

    1. Schön, dass dir die Leseprobe gefallen hat. War ja ein bisschen kürzer als die Letzte, aber nun dauert es ja auch nicht mehr lange. *-* Ich finde die Vorbestellfunktion auf Amazon auch klasse. So habt ihr das Buch auf jeden Fall gleich am 01.10 und verpasst nichts. 😀 Ich bin wirklich schon sooo gespannt, was ihr zum letzten Teil sagen werdet.

  2. Es nervt mich total zu wissen, dass das Buch bei dir fertig rum liegt und wir trotzdem eisern bis zum 1.10. warten müssen. Dann mussten wir all die lange Zeit auch noch nur mit 2 Leseproben überstehen!!! Ich will es endlich komplett lesen!!!!!!!

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